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Patternhacking : Eine Hemdbluse – Vier Kleidungsstücke

Im Jahresrückblick wurde mir bewusst, dass ich am meisten Spass an meinen Patternhacking Projekten hatte. Auch die Auswertung meiner Leserzahlen zeigte mir, der Beitrag über vier Shirts aus einem Schnittmuster ist der beliebteste. In logischer Konsequenz starte ich ins neue Jahr mit einem wundervollen Patternhacking aus einem Hemdblusen Schnittmuster.

Patternhacking Hemdbluse

Die folgenden Varianten sind alle sehr einfache Patternhacks. Ohne basteln am Papierschnitt oder komplizierte Anpassungen. Wer es nachmachen mag, kann dafür jeden Hemdblusenschnitt verwenden. Idealerweise ist der Schnitt sehr geradlinig und leicht Oversize. Ich verwende den Schnitt Margret von Schwalbenliebe, er ist eine perfekte Basis für das Patternhacking einer Hemdbluse. Ein guter Grundschnitt ohne komplexe Schnittführung, an dem man an vielen Stellen Veränderungen vornehmen kann. Solche Schnitte sind wie eine weiße Leinwand, es kann fast alles daraus entstehen.

Originalschnitt nähen

Als erstes habe ich natürlich den Schnitt im Original genäht. Das ist für jeden Patternhack zu empfehlen. Im Optimalfall nimmt man dabei nötige Anpassungen an die eigene Figur vor. In Jedem Fall bekommt man ein gutes Gefühl für den Schnitt, wo die Stolpersteine sind und welche Teile wie miteinander funktionieren müssen.

Schwalbenliebe Hemdbluse Margret Flanell

Margret ist für Flanell oder ähnliche mittelschwere Webwarestoffe ausgelegt. Ich habe hier Flanell mit ein bischen Cord  für die Details gemixt. Da ich zuletzt oft die Hemdjacke, die ich eigentlich meinem Mann letztes Jahr zu Weihnachten schenkte, selber trug, habe ich hier Margret absichtlich noch eine Nummer zu groß genäht. Für den vollen Boyfriend Style.

Hemdbluse Margret Schwalbenliebe

Die kleinen Besonderheiten an Margret sind der stark geschwungene Saum, der hinten etwas länger ist und die auffälligen Pattentaschen.

Hemdbluse nähen

Patternhacking Hemdbluse zu einem  Kleid

Im Schnitt ist bereits eine Kleidervariante enthalten. Allerdings ist dies letztlich eine längere Variante der Bluse. Ich wollte ein wenig mehr Eleganz hinzufügen. Die Hauptsache macht hier das Abweichen von der Stoffempfehlung aus. Das hier ist eine Viskose im Großformatprint, die ich letzten Sommer in Italien erstanden habe. Schon allein das verändert die Wirkung von Marget komplett.

Patternhacking Hemdbluse Kleid

An den Vorderteilen und an den Seitennähten nahm ich etwas Weite weg, um die Brust etwas mehr zu betonen. Dafür habe ich an der hinteren Mitte etwas Weite hinzugegeben, damit das Kleid wirklich locker über die Hüften fällt. Überall habe ich zur vorgesehenen Kleiderlänge nochmal 20cm hinzugefügt und es damit zum Midikleid gemacht. Um den schönen Schwung des Saumes zu erhalten, habe ich die unteren Schnittteile der Kleiderversion von der Bluse getrennt und verschoben. Enthält ein Schnitt so eine praktische Teilung nicht, einfach im rechten Winkel zum Fadenlauf trennen und mit Hilfe eines Patchworklineals nach unten schieben.

Zuschnitt Patternhacking Hemdbluse Kleid

Die unteren 20 cm habe ich an den Seiten offengelassen. Diese Schlitze sind dezent aber in Bewegung gewähren sie durchaus sexy Einblicke.

Patternhack Hemdbluse Kleid

Einen kleinen feinen Unterschied habe ich am Kragen vorgenommen. Das Original hat einen recht großen Kragen, passend zum Boyfriendstyle. Bei einem Kleid sorgt ein etwas schmalerer Kragen sofort für eine femininere Wirkung. Ich habe nur um die Nahtzugabe verschmälert, also etwa 2 cm – kleine Änderung große Wirkung.

Patternhacking

An den Brusttaschen habe ich ausserdem die Patten weggelassen. Die Manschetten habe ich halbiert und damit ebenfalls zierlicher werden lassen. Dafür einfach ganz plump das rechteckige Schnittteil einmal falten.

Schwalbenliebe Margret Patternhack

Auf Insta wurden mir in den letzten Wochen immer häufiger Stylingtips für “Duster” in den Feed gespült. Ich lernte das sollen ungefütterte Mäntel aus dünnen Stoffen zum drüberziehen sein. Für mich sehen die wie offen getragene Hemdkleider aus. Ich hab das spontan mit meinem Margretkleid nachgestylt und finde es gar nicht so verkehrt.

Schwalbenliebe Margret

Patternhacking Hemdbluse zu einer Tunika

Diese Variante ist sogar noch einfacher, da ich einfach nur ganz viel weggelassen habe. Den Oberkragen, sämtliche Belege und gewissermaßen die Knopfleiste. Das Vorderteil wurde im Bruch zugeschnitten und dafür noch ein weiteres Schnittteil des Dachschlitzes in längerer Version ergänzt.

Dieses habe ich vorn in die Mitte gesetzt und damit eine Tunika erzeugt. Da ich das Original genäht hatte, konnte ich sicher überprüfen, ob der Schnitt weit genug ist, um es auch so über den Kopf zu ziehen. Die Knopfleiste braucht also nur genug Weite eröffnen, dass der Kopf bequem durchpasst. So ein Dachschlitz am Ärmel und eine halbe Knopfleiste vorn sind praktisch wirklich genau das gleiche. Damit das Muster sicher stimmt, habe ich das Schnittteil deutlich länger zugeschnitten als nötig, auf mein Vorderteil gelegt und am Muster ausgerichtet. Erst dann auf die finale Länge gekürzt.

Tunika Knopfleiste

Im Original wird der Kragen zwischen Oberstoff und Belege gesetzt. Da ich keine passenden Belege erstellen wollte, nähte ich den Kragen anders ein. Zuerst den Kragensteg direkt zu einem Stehkragen zusammennähen. Dann den inneren Kragen links an die Tunika nähen, den Kragen auf rechts drehen und den äusseren Kragen einmal nach innen einschlagen und feststeppen. Kennt ihr sicher von anderen Blusen, die ohne Belege verarbeitet werden.

Hemdbluse Tunika nähen

Magrets kleine Besonderheit ist der stark geschwungene Saum. Damit der richtig schön fällt, sind im Schnitt Belege vorgesehen. Da ich hier schonmal am Vereinfachen war. wollte ich auch hier die einfache Nähvariante umsetzen. Dazu einfach einmal mit der Overlock rundrum nähen. Dann die Breite der Naht umbügeln und festnähen. Würde man einfach zweimal umschlagen, entstehen bei so starken Rundungen schnell unschöne Fältchen. Dieser Weg vermeidet das und geht sogar schneller als das mühsame Feststecken eines doppelt umgelegten Saumes.

runden Saum einfach nähen

Im Ergebnis eine Variante, die deutlich schneller genäht ist und kompett anders wirkt. Patternhacking kann Nähen auch vereinfachen. Reduce to the max !

Patternhack Hemdbluse Tunika

Patternhacking Hemdbluse zu einer Jacke

Zweifellos die aufwändigste Variante, mit dem größten Risiko zu scheitern. Aber auch der Beweis, wie wenig Schnittmuster man braucht, wenn man keinen absoluten Perfektionsdrang hat. Natürlich sind bei einem richtigem Jackenschnitt die Futterteile etwas anders konstruiert und vor allem Taschendetails sind meist anders aber im Grunde geht es auch ohne das.

Paternhacking Jacke

Ich habe die Vorderteile, Rückenteile und Ärmel aus Oberstoff und aus diesem wundervollem gestepptem Samtfutter zugeschnitten. Den Kragen und Manschetten nur aus Oberstoff und die Belege weggelassen. Vorder- und Rückenteil habe ich um 20cm gekürzt, um eine Art Kastenjacke zu erzeugen. Die Ärmel des Futters habe ich nach unten hinten schmaler werden lassen, um den dicken Steppstoff nicht in Falten legen zu müssen.Übrigens sind beide Stoffe von Rotznasen Zuckerschnuten und ich beantrage, dass dieses Steppfutter noch in anderen Farben in den Shop kommt. Es verarbeitet sich einfach, rutscht wunderbar beim Anziehen über Pullover und wärmt trotz seiner realtiven Leichtigkeit ziemlich gut.

Steppfutter Jacke

Im Rücken habe ich mich arg verschätzt. Ich dachte das Steppfutter würde durch seine Stabilität sicher einen kastigen Look erzeugen aber die Weite des Schnittes ist dafür deutlich zu groß, es stand einfach nur richtig übel vom Körper ab. Megafail!

Auch das ist Patternhacking: das Risiko zu scheitern oder anders ausgedrückt die Möglichkeit aus Fehlern zu lernen.

Patternhacking Jacke nähen

Allerdings ist Stoff nicht Seidenpapier. Es gibt Nahttrenner und Scheren. Nichts ist gleich verloren. Ein paar Tage grübeln und an der Puppe stecken, drapieren, falten und zuppeln, dann kam mir die Idee einer Art gigantischen Shirrings. Also von den Stoff von Hand punktuell zusammennähen. Durch das Karomuster ergab sich hier ganz natürlich ein Raster zum zusammenziehen und ich finde, das sieht glatt aus als sollte das von Anfang an genau so aussehen. Auch wenn leider die Saumrundung nicht mehr ganz so schön geformt ist. An den Ärmeln habe ich das nochmal wiederholt.

Patternhack Hemdbluse Jacke

Danke schonmal an jede, die wirklich bis hier gelesen hat. Der Beitrag ist ganz schön lang geworden, umso mehr würde ich mich über Feedback freuen, ob ihr gerne mehr Inhalte dieser Art sehen würdet!?

Damit wünsche ich allen ein frohes neues Jahr mit entspannter Nähzeit, gelingenden Projekten und viel Kreativität! Mal sehen was es beim Me-Made-Mittwoch sonst noch an Jahresauftaktprojekten zu sehen gibt.

Herzliche Grüße,

Sam

Comments (17)

Guten Morgen,
dein Patternhack ist sehr sehr gelungen. Ich lasse mich zu gerne zu neuen Schnittmustern verführen dabei sind sie sich doch meist ähnlich. Danke für die Anregung.
Ich würde davon gerne mehr sehen.
Alles Gute wünscht
Christine

Das war unheimlich interessant – gerne mehr davon! 🙂 Es sind auch wirklich schöne Kleidungsstücke geworden und ich bin fasziniert davon, WIE sehr das Shirring bei der Jackenrückseite nach von Vornherein so vorgesehenem Detail aussieht. Manchmal entstehen die besten Dinge einfach ungeplant!

So einfach kann manchmal das Verändern sein. Eine tolle Übersicht, wieviel aus einem simplen Hemdblusenschnitt herauszuholen ist. Und auch wenn man das meiste eigentlich schon kennt, ist diese Übersicht sehr informativ. Und es sind ganz tolle Teile entstanden. Denen man das gleiche Ursprungsschnittmuster nicht ansieht. Die Lösung der Mehrweitenreduktion bei der Jacke finde ich ganz toll. Das wirkt wie von Anfang an so geplant. Danke für die vielen Ideen, gerne mehr davon. LG heike

<3 Allesamt richtig schön geworden und mein Favorit ist das Viskosekleid, du weißt ja – ich nix Viskoseliebling. Aber ich liebs an dir IMMER. IMMER!
& die Jacke ist megageil. Ob ich mehr will. Was ne Frage! JA!!!!!
Großes Kompliment <3 wieder verdächtig mondänes Kino, was du hier gezaubert hast.

Alle vier Varianten sind total gut gelungen. Ich find auch, dass sich Blusenschnitte supergut fürs Patternhacking anbieten. Weitere Varianten wären z. B. Modelle mit kurzen oder 3/4-Ärmeln oder ohne Ärmel für den Sommer, beim Kragen könnte man nur den Steg nähen (eine Art Mandarinkragen), Cropped-Länge und so weiter. Und durch die Stoffwahl wirkt so eine Bluse sowieso immer anders. Sehr schöner, inspirierender Beitrag!

Toller Beitrag, danke! Da möchte ich jederzeit mehr lesen. Ich bin total begeistert von deiner Lösung an der Jacke. LG Elke

Tatsächlich habe ich bis zum Ende gelesen…
Es ist immer wieder erstaunlich, wie sich die Optik der Kleidungsstücke durch kleine und große Änderungen am Schnittmuster und verschiedene Stoffe verändert. Ich bin an weiteren Berichten dieser Art interessiert, da ich sie sehr spannend finde und es zeigt mal wider, man benötigt gar nicht so viele verschiedene Schnittmuster.
Mir gefällt vor allem das Viscosekleid, auch wie Du es mit der schwarzen Jeans und Shirt kombiniert hast finde ich grandios.

Liebe Grüße,
Sandra

Pattern hacking finde ich an sich immer spannend, aber vier Varianten waren mir jetzt fast etwas zu viel. Ich mag mich eher auf weniger konzentrieren. Also vielleicht auf zweimal aufteilen? Kann aber auch einfach nur an mir liegen 🙂
Der Rücken von deiner Jacke ist sehr außergewöhnlich, eine tolle Möglichkeit die Weite einzudämmen.
Grüße, Tina

Hallo Sam,
ich finde Deine Patternhacks klasse! Auch ich habe beim Nähen immer viel Spaß dabei, meine Lieblingsschnittmuster zu kombinieren. Wenn man es ein paar Mal gemacht hat, ist es eigentlich ganz einfach, Ärmel, Krägen oder Taillenformen von einem auf den anderen Schnitt zu übertragen.
Über Dich bin ich übrigens auch zur Schwalbenliebe gekommen 🙂 Du hattest mir irgendwann mal in einem Kommentar empfohlen, meinen Leserinnen die Schwalbenliebe-Schnitte zu verlinken, die meinen Original Vintage Schnitten ähnlich sind, die man nicht mehr kaufen kann. DANKE dafür an der Stelle
Ich wünsche Dir einen guten Start ins Neue Jahr
LG
Theresia aka Lasercat

Was für ein toller Blogbeitrag. Alle Varianten gefallen mir, aber das Viskosekleid ist der Oberhammer! Der Stoff ist ein Traum und die kleinen Änderungen machen es perfekt. Auch die “Mantel”-Version sieht traumhaft aus. Liebe Grüße von Ina

Bis zum Ende gelesen und total beeindruckt. Das Kleid ist eine Augenweide. Wahnsinn wie toll der Stoff wirkt. Der Schlitz sieht perfekt genäht und raffiniert aus. Die Weite der Jacke mit dieser Methode zu regulieren macht sie sehr besonders. Ich finde den Beitrag sehr inspirierend.
Liebe Grüße Birgit

Tolles Pattern-Hacking. Vielen Dank für diesen Variantenreichtum – das ist toll zu sehen und eine herausragende Inspiration, gerade wenn die eigene Näherfahrung noch nicht so groß ist. Man lernt auf diese Art viele Möglichkeiten und Tricks kennen, um aus einem Schnitt deutlich mehr herauszuholen.
Danke!

LG Miriam

Du hast tolle Experimente mit dem Ursprungsschnitt gemacht. Alle Teile sind dir sehr gut gelungen.

LG, Heike

Super, wie du am Ende die Teile zusammengezogen hast, das gefällt mir am allerbesten, dachte, es wäre genau so geplant, lg Anja

Ich kann mich allen nur anschließen. Tolle Ergebnisse und es macht Mut, sich selbst mal daran zu versuchen. Vielen Dank für den ausführlich und langen Post. Ich habe mit viel Interesse und Freude bis zum Ende gelesen. Liebe Grüße Laura

[…] 0   By Sam Sunsetred Blusen Hosen Kleidung selber nähen 7. Januar […]

Vielen Dank für diesen inspierierdenden Post. Weil ich den Hemdblusen-Post so spannend fand, habe ich auch gleich den Shirt-Post gelesen.
Du hast recht, im Grunde ist das Abwandeln eines Schnittes gar nicht so schwer. Ich habe mich bisher nur an eingesetzte Streifen oder mal Taschenvariationen gewagt, aber im Grunde ist es gar nicht hötig, jedes Mal einen neuen Schnitt auszukopieren. Deine Blusen-Varianten und auch die Shirt-Varianten gefallen mir richtig gut, da werde ich mir das eine oder andere sicher abgucken.
LG, Stefanie

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