Ich habe nix gekauft!!!
Also keine Oberbekleidung, bei Unterwäsche musste ich passen. Jedenfalls werte ich das als : Jahreschallenge sowas von bestanden!
Der Kleiderschrank gut angereichert mit Lieblingsstücken
Ganz direkt in Zahlen ausgedrückt habe ich 78 Teile aussortiert und damit deutlich mehr Übersicht im Kleiderschrank geschaffen. Genäht habe ich 26 Teile und ich bin selbst echt überrascht wie produktiv ich war. Dabei bin ich mir nicht sicher, ob das eine gute Zahl ist. Es ist schliesslich trotz allem eine Menge Textilkonsum und Ressourcenverbrauch. Aber es ist weniger als die Hälfte dessen, was der Durchschnittsdeutsche jählich kauft. Also ja doch, ich finde damit liege ich in einem vernünftigen Rahmen.
Vollständig Lieblingsstücke sind es noch nicht, so schnell gehts nicht. Ich hab ja auch noch einen Job und eine Familie und diverse andere Hobbys. Aber es ist schön, jetzt zum Jahresende bei einem bewussten Blick in den Schrank den Unterscheid zu sehen.
Selbstgenähtes mit Stolz tragen
Meine wichtigste Erkenntnis aus diesem Experiment ist, dass ich heute meine selbstgenähte Kleidung, mit all ihren Fehlern und Mängeln, wirklich selbstbewusst trage. Nicht nur auf der Couch oder im Garten, sondern im Büro, auf Konferenzen und auch an Tagen an denen ich mit total, unfassbar wichtigen Menschen in teuren Anzügen Meetings habe. Weil ich dieses Jahr nicht nur genäht habe, sondern mich mehr und mehr mit Nachhaltigkeit und deren Mangel in der Textilindustrie beschäftigt habe. Wenn mir so ein Manager im Boss-Anzug entgegenkommt sehe ich heute eben keinen schicken Anzug mehr, sondern moderne Sklaverei. In den misslungenen Nähten meiner Kleider sehe ich keine peinlichen Fehler mehr, sondern meinen Beitrag zu einer faireren Welt. Klingt vielleicht etwas pathetisch aber Stolz ist nicht das schlechteste Gefühl mit dem man durch den Tag laufen kann.
Nähen für den Instafeed oder für den Kleiderschrank?
Immerhin bin ich nicht ganz in die Instagramfalle getappt. Ich habe bei vielen Hobbynäherinnen, die in den Sozialen Medien aktiv sind, eine Tendenz beobachtet. Da gibt es eine ganze Reihe von Frauen, die gut nähen können, die tolle Fotos machen, die eine wundervolle Ausstrahlung haben und denen es durch diese Kombination großartiger Talente gelingt viele Follower zu begeistern. Eigentlich eine super Sache, wo doch durch solche Frauen das Nähen wieder mehr in den Fokus rückt und aus der traurigen Mottenkiste der altbackenen Hobbys gekommen ist. Allerdings scheint irgendwann der Punkt bzw. die kritische Followerzahl zu kommen ab der nicht mehr für sich selbst genäht wird, sondern für den Instagramfeed. So wird dann jede Woche mindestens einmal, oft sogar mehrmals ein neu genähtes Outfit gepostet.
Aber auch immer sehr ähnlich. Immer Jersey. Immer einfache Schnitte. Sonst auch gar nicht zu schaffen, dieses Tempo aufrecht zu erhalten. Über die Sinnhaftigkeit von soviel Kleidung kann man sicher verschiedener Meinung sein, da will ich ich mich nicht zum Richter aufschwingen (wer im Glashaus sitzt…) , höchtens einen Denkschubs geben – macht das fünfte Kleid im selben Schnitt echt glücklich?
Mehr nähen ohne mehr zu nähen
Kann man nicht auch mehr nähen ohne mehr Masse zu produzieren? Diese Hobbynäherinnen, die mir auf Insta und Facebook ins Auge fielen, sind ja nur der kleine sichtbare Teil einer viel größeren Gruppe von Fans des Nähens. Dabei gibt es aber enorm viele, die bei einfachen Jerseyschnitten stehen bleiben. Manche trauen sich nichtmal über Babypumphosen und Dreieckstücher hinaus. Für sich selbst zu nähen wird nahezu ehrfürchtig bewundert aber für sich selbst eher ausgeschlossen. Dabei ist Nähen Handwerk und nicht Kunst!
Der Unterschied? Kunst erfordert Talent, Handwerk erfordert Arbeit! Ich bin fest überzeugt, dass jeder mit zwei Händen (wer weiß, vielleicht überrascht mich jetzt auch jemand mit einer Hand?) das Nähen lernen kann. Also wenn er oder sie das möchte.
Ich finde es schade, dass es häufig an dem kleinem bisschen Mut fehlt mehr zu nähen als Pumphosen, mehr zu nähen als Jersey, mehr zu nähen als Basics, mehr zu nähen als bekante deutsche Schnittmusteranbieter. Das ist gar nicht so schwer wie viele glauben!
Wie gehts nächstes Jahr weiter?
Ich möchte gern ermutigen!
Mehr dazu ganz bald, ich hab da so eine Idee 🙂
Bis dahin wünsche ich frohe Weihnachten, schöne Stoffe und spitze Nadeln unterm Weihnachtsbaum, gutes Essen, lustige Familientraditionen und vielleicht ein paar durchdrehende Kinder im seeligem Zuckerschock.
Wow, ich bin eben über deinen Blog gestoßen! Hut ab!
Nachdem ich heute Mittag mein erstes Nähprojekt für dieses Jahr erfolgreich finalisiert habe (ein Jeanskleid), überlege ich nach deinem Post hier gerade, ob so ein oberbekleidungeinkaufsfreies Jahr 2020 denn für mich was wäre… ich lasse es mir mal durch den Kopf gehen.
Danke für die Inspiration!
Gruß, An