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Hose Robert von Republique du Chiffon

Hosen…der Endgegner persönlicher Passformanpasung. Ein paar Versuche mit diesen widerspenstigen Beinkleidern habe ich ja bereits absolviert aber die Hose Robert von Republique du Chiffon wehrte sich hartnäckig gegen meine Körperformen.  Ich schildere es mal ausführlich, vor allem die Dinge die ich gelernt habe und die Fehler, die ihr euch sparen könnt. Ein Drama in drei Akten.

Hose Robert RDC

1. Akt Hose Robert aus Tischtuch

Der erste Akt beginnt mit einem Crescendo aus Flüchen in drei Sprachen als mir bewusst wurde, dass dieser Schnitt von mir in 44 oder eher 46 genäht werden soll. Französische Hüften habe ich ganz offensichzlich nicht. Nun ja liebe Robert, dann singt jetzt eben die dicke Dame. Ganz dezent wird im ersten Akt noch ganz in weiß gesungen, ganz unschuldig zeigt sich die erste Version und kommt hintenrum mit Pauken und Trompeten in einen tiefen Fall der Grässlichkeit. Auch wenn meine Hüfte in Robert eine 44 ist, ist meine Taille deutlich kleiner und scheinen meine Beine in dieser Oper eine Size Zero zu sein. Hier passt nichts zusammen.

Robert Probemodell 1
Robert Probemodell 1

Ich fange oben an mit den Korrekturen. Die Taille ist für mich am einfachsten. Einen Sattel an eine schmalere Taille anzupassen habe ich schon einmal für einen Rock gemacht. Ich stecke am Körper wieviel Weite raus muss. Dann nehme ich mir das Schnitteil und kopiere es. Da mir auffiel, dass der Sattel im Verhältnis zu meinem Hintern etwas unterproportiniert aussieht, vergrößere ich es nach unten um 2 cm. Diese zwei cm muss ich am Hinterhosenteil später entfernen damit die Höhe insgesamt wieder stimmt. Dann zeichne ich auf der Kopie zwei Abnäher ein, wie ich sie bräuchte um einen guten Sitz zu bekommen. Ausserdem nehme ich an der hinteren Mittelnaht etwas weg.  Allerdings will ich natürlich keine Abnäher. Also schneide ich das Papier dort auf und schiebe es so übereinander als würde ich diese Abnäher zunähen. Dann runde ich die entstandene Form ab und habe mein neues Schnittteil ohne Abnäher.

Robert Anpassung Sattel
Robert Anpassung Sattel

Die Vorher-Nachher Bilder zeigen ziemlich gut was diese Veränderung bewirkt.

Anpassung schmale Taille
Anpassung schmale Taille

Als nächstes waren die Beine dran. Während die Bilder der Hose Robert  bei der Designerin auf mich eher wie eine gerade geschnittene Hosen wirkte, zeigt die Kontur der Schnittmusterteile doch eher eine Karottenhose. Grauenhaft! Ich weiß, dass ist gerade wieder schwer angesagt aber meine modisch prägenden Jahre verbrachte ich in den 90-ern. Da saßen die Hosen so tief, dass man sich wirklich sehr gründlich rasieren musste und man um Himmels willen kein Gramm schwerer aussehen wollte als man tatächlich war. Mein Körperbild ist inzwischen zwar weitaus gnädiger aber warum ich Hosen tragen sollte, die mich 20kg schwerer aussehen lassen, verstehe ich trotzdem nicht.

Hosenbeinanpassung
Anpassung Hosenbeine

Also habe ich am linken Bein des Tischtuchmodells schrittweise an der Innen- und Aussenbeinnaht etwas weg genommen, bis mir das passend schien. Das sieht schon viel besser aus aber nun kam ich an die Grenzen dieses Stoffes. Mein Finalstoff ist eine schwere Gabardine mit Elasthananteil. Der verhält sich natürlich anders als eine völlig unelastische Tischtuchfaser. Da ich am ersten Testmodell nun unzählige Änderungen gemacht hatte, entschied ich mich für ein zweites Testmodell mit ähnlichen Stoffeigenschaften.

2. Akt Robert im Palmenlook

Die letztes Fassung der weißen Hose Robert übertrug ich auf meinen Papierschnitt. Jetzt kam der schwierige Teil zu dem ich andere Töne anschlagen musste. Grundsätzlich sah die erste Version in Palmen ganz gut aus aber ich hatte fiese Falten von Schritt ausgehend.

Ich habe tagelang herumprobiert , Blogs duchstöbert und meine Literatur konsultiert. Irgendwann fand ich den Hinweis, dass diese Art Falten  auf einen flachen Po hinweisen. Eigentlich finde ich nicht, dass ich einen flachen Hintern habe aber ich probierte den zugehörigen Änderungstip trotzdem aus. Letztlich nimmt man dafür nur an der Hinterhose etwas Weite weg anstatt an Vorder- und Hinterhose gleichmäßig.  Damit wurde es tatsächlich deutlich besser. Insofern kann ich euch nur mein Buch “Fast Fit” empfehlen. Leider gibt es das nur auf Englisch und auch nur noch gebraucht aber es ist die Suche wert. (Hier ist es aktuell zu finden  , ansonsten hilft die ISBN: 9781561586493).  Für alle Arten von Kleidung wird hier anhand der unerwünschten Falten erklärt welche Art Figurspezialität  vorliegt und welche Änderungen dafür vorzunehmen sind. Die Sprache ist recht einfach gehalten, man kommt mit durchschnittlichem Schulenglisch zurecht.

Nachdem ich diese Änderungen umgesetzt hatte, fand ich die Hose ziemlich perfekt und freute mich endlich an den Finalstoff gehen zu können.

3. Akt Roberts Absturz

Ich habe wirklich keine Ahnung warum aber obwohl ich die Änderungen der Palmenhose akribisch aufs Papier übertragen hatte und wirklich sehr genau zugeschnitten habe, waren die Falten in der roten Hose wieder da. Ich habe die Schrittnaht insgesamt vier (!!!) Mal aufgetrennt und neu geform. Unendlich oft an den Seitennähten variiert ob schmaler oder weiter oder nur an der Hinterhose schmaler. Nichts änderte etwas an diesen Falten.

Irgendwann gab ich es auf und wollte einfach nur noch den Bund ansetzen und fertig werden. Dabei stellte ich dann fest, dass ich Übertritt und Untertritt des Reissverschlusses an die selbe Seite genäht hatte. Dümmer geht immer. Auftrennen war an dieser Stelle leider keine Option. Alles doppelt abgesteppt und ein trennen hätte sichtbare Schäden an einer sehr prominenten Stelle hinterlassen. Nunja, der Bund wird jetzt mit einem Haken geschlossen, der sich drum rum zieht. Die Hose wird wohl tendenziell mit Oberteilen, die den Bund verdecken getragen werden.

Hose Robert RDC

Schlussbild

Letztlich ist die Hose wohl durchaus tragbar. Wieso ich diese heftigen Querfalten vorn im gesamten Hüftbereich habe, werde ich wohl nie verstehen. Zu eng ist die Hose definitiv nicht. Vielleicht ist der Stoff einfach zu steif und legt sich daher in Bewegung in Falten!?

Hose Robert RDC

Klar gelungen ist das Heck. Mein Hintern sieht in dieser Hose phantastisch aus. Auch wenn ich mir seltsam vorkam Selfies von meinem Hintern zu machen, bin ich doch höchst erfreut vom Ergebnis.

Hose Robert RDC

Nach so vielen Änderungen sind die Taschen fast das einzige was originalbelassen ist. Die haben mich ursprünglich von diesem Modell überzeugt und ich finde sie nach wie vor wirklich wunderschön.

Im Fazit ist der Schnitt an sich wirklich toll aber die leichte Karottenform in Kombination mit dem Größenmaß funktioniert ohne große Änderungen wahrscheinlich nur für Frauen mit eher schmalen Hüften und insgesamt zarter Figur. Ich muss da an Sarah von Heibchenweise denken…

Damit bin ich wieder Teil des Me-Made-Mittwochs und freue ich mich auf all die anderen ambitionierten Hobbyschneiderinnen dieser illustren Runde.

Herzliche Grüße,

Sam

RDC Hose Robert

Wie wäre es mit einer deutlich einfacher anzupassenden Hose?

Die Guise Pant ist ein echter Tip für Hosenanfänger!

Comments (15)

Ärgerlich, wenn man so viel Arbeit in ein Schnittmuster gesteckt hat und das Ergebnis doch nicht überzeugen will.
Manche Schnittmuster passen, aus vielerlei Gründen, einfach nicht für die eigene Figur; Schwamm drüber.
LG von Susanne

Sehr schade das sich die Mühe für dich nicht gelohnt hat. Aussehen tut sie sehr gut. Vielleicht freundet Ihr euch ja noch an. LG Jeanette

Zuerst mal: Deine Hose ist super! Ich finde nicht dass die Falten den Look nicht beeinträchtigen!!
—- Ich denke aber auch andere Hosenschnitte werden nicht einfacher anzupassen sein. Das Problem bei Hosenschnittanpassungen ist ja immer der Winkel! Je nachdem ob meinen einen flachen oder runden Po hat, braucht es einen bestimmten Winkel und genauso so auch für die Beinstellung ( X- oder O-Beine oder einfach so krumme Beine wie ich sie habe 😉). Für einen veränderten Wunkel muss man die Hose im Grunde in sich drehen… und genau das führt zu den Schwierugkeiten bei der Anpassung… denn irgendwo fehlt nach der Drehung immer die Nahtzugabe. 🤷‍♀️ Ich weiß dass dir mein Kommentar hier jetzt auch nicht wirklich weiterhilft, aber vielleicht versuch ich eines Tages auf Insta mal zu erklären was ich mir zu den Hosenschnitten denke, also wie man den für die eigene Hosenfigur richtigen Winkel findet.

Hosen anzupassen ist wirklich die KÖnigsdisziplin, denn die 3Dimensionalität ist hier viel schwieriger in Schnittmuster zu übertragen als bei Kleid oder Rock. Deine fertige Hose sitzt nach meiner Meinung sehr gut. Deine Unzufriedenheit legt sich vielleicht mit etwas Abstand betrachtet, wenn Dein Frust über die Anpassungsorgie verraucht ist. Nach meiner Erfahrung ist es für Hosenschnitte am besten, wenn Probemodell aus genau dem gleichen Stoff sind wie die fertige Hose – besonders lebensnah ist das nicht, allerdings sind die Unterschiede im Stoffverhalten wirklich groß bei Hosen…. Also Kopf hoch, freu Dich an der finalen Passform und der sagenhaft schönen Farbe! LG Kuestensocke

Oh, das verstehe ich, dass du nach der Vorarbeit fertig werden wolltest, auch wenn die perfekte Passform nicht gefunden wurde. In der Bewegung liegt der Augenmerk der Hose bestimmt nicht auf den Falten sondern den besonderen Taschen und die Porundungen 😉 Wo ich dir zustimmen muss ist die Karottenform an Hosen. Ich finde sie an anderen oft stimmig, sehe mich selbst aber nicht damit. LG Ina

Eine superschöne Hose! Rote Hosen finde ich sowieso toll und die Taschenform ist wirklich schön 🙂
Aber das war ja ein Drama … den Reiz von Karottenhosen verstehe ich auch nicht, das steht wirklich nur sehr wenigen Leuten. Und mit der Anpassung … ich denke auch, dass es manchmal einfach am Stoff liegt.
Über den Über- und Untertritt musste ich ein bisschen lachen – ich glaube, JEDER kennt solche Momente (*hüstel* niemand hier hat schonmal sehr sorgfältig einen Ärmel in den Halsausschnitt eingesetzt …).

Ach, Ende gut…alles gut. Ich finde sie steht und passt dir. Hosen nähen ist für mich auch etwas, was ich lange vor mir her schiebe. Ich habe es bisher auch noch nicht geschafft die perfekte Hose zu nähen. Sei einfach stolz, sie sieht runderherum gut aus.
Schönen Abend dir noch
LG Silke

Liebe Sam, wenn es nicht so dramatisch wäre, würde ich mich jetzt noch kaputtlachen über deinen herrlichen Beitrag. Dein Nähen ist Kunst genau so wie dein Schreiben. Einfach schön und erhellend. Ich habe übrigens oft keine Lust über solche Projekte zu schreiben, es gibt durchaus auch Schnitte, wo bei mir VORNE und HINTEN nix stimmt… Und ich hätte NIEMALS deinen Elan für so großartige ANpassungen… Das du nach dem ersten Akt nicht aufgegeben hast grenzt für mich an ein Wunder. Und das es sich gelohnt hat zeigt die fertige Hose. Kannst du noch Gürtelschlaufen anbringen? Dann sieht man die Bundlösung nicht mehr und du kannst etwas vorne in die Hose gesteckt tragen, damit die wirklich tollen Taschen zu sehen sind! wobei… du musst es komplett in die Hose stecken, damit der fantastische Hintern auch zu sehen ist… 😉 Ich grüße dich ganz herzlich!!!!! Sarah

Ich bewundere deinen Aufwand sehr und finde, dass das Ergebnis doch sehr überzeugt – nicht nur hinten!

Was für eine schöne Geschichte über eine Schnittanpassung, ich habe sie voller Vergnügen gelesen, auch wenn ich natürlich ahne, welche Mühe und welcher Frust dahinter steht. Das Ergbenis finde ich absolut gelungen, die Hose sitzt wunderbar an Dir und sieht total schick aus. Ja, Hosenanpassung, ich kann davon auch ein Lied singen. Eines der Probleme ist sicher der Stoff, da jeder Stoff sich doch wieder anders verhält und von daher ein Probemodell nur sehr grobe Paßformmängel anzeigen kann. Und ein anderes Problem hängt mit der grundsätzlichen Frage zusammen, was wir eigentlich wollen: eine Hose, die im Alltag bequem ist, gerne getragen wird und vielleicht auch mal eine leichte Gewichtsschwankung mitmacht? Oder eine Hose, die auf Fotos, im Stehen aufgenommen , super aussieht und auf Instagram viele Herzchen bekommt? Ich übertreibe natürlich, ich habe auch nichts gegen die Insta-Herzchen, aber vielleicht verstehst Du, was ich meine. Ich denke, manche Falten gehören zu einer gut passenden Hose dazu, vermutlich ist das die große Kunst der Hosenanpassung, diese Falten an der richtigen Stelle zu produzieren, und dann kommt es ja doch wieder auf den Stoff an…
Egal wie, Deine Hose ist toll, und ich wünsche Dir ganz viel Freude beim Tragen!
Liebe Grüße, Barbara

Ich finde, das ist eine tolle Hose, das Outfit sehr stimmig und man ist oft bei selbst genähten Hosen viel anspruchsvoller mit der Passform als bei gekauften Teilen. Ich glaub auch nicht, dass du was falsch gemacht hast, manchmal liegts einfach am Stoff.

Das ist sehr interessant zu lesen. Ich muss in fast jeder Hose die Anpassung für den flachen Po machen. Den Sattel zu ändern war mir neu und ist sehr hilfreich. Danke!

Die Hose, bei der ich, mit anscheinend ähnlicher Körperform, nichts anpassen musste ist Ralph:

https://annarosepatterns.com/produit/pantalon-ralph-patron-de-couture/

Vielleicht ist Ralph eine Alternative zu Robert. 🙂

Wobei mir der endgültige Robert hervorragend gefällt!

Oh man, was für ein Nähkrimi. Deine Hartnäckigkeit, den perfekten Sitz dieser Hose hinzubekommen, grenzt für mich ebenfalls an ein Wunder. Ich hätte das Projekt wohl in die Ecke gefeuert und ohne Ende geflucht.
Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen, die Hose steht Dir gut und passt super. Gib der Hose eine Chance 🙂
Ich denke, wir sind viel selbstkritischer bei unseren eigenen Nähprojekten als bei fertiger Kaufware.

Ich schließe mich Barbara an: ich finde ebenfalls, eine Hose soll passen und gerne getragen werden. Die unerwünschten Falten fallen wahrscheinlich nur dir auf – und sind vielleicht dem nähfrust geschuldet. Davon kann ich auch ein Lied singen…
Ich finde, die Hose passt und steht dir prima, und die Farbe ist ja nun Mal der Knaller!
Viele Grüße
Sandra

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